Richtiger Umgang mit chronisch Erkrankten

Beschäftigte nicht zur Offenheit verpflichtet

Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung sind 45 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland von einer chronischen Erkrankung betroffen. Dazu zählen z. B. Diabetes, Rheuma, Migräne, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rückenleiden, Asthma, COPD, Krebs, Allergien oder psychische Störungen. Im Berufsalltag sind chronische Erkrankungen meist nicht offensichtlich, auch wenn sie die Arbeit teilweise erschweren. Solange sich die Probleme in Grenzen halten, wird die chronische Erkrankung in der Regel verschwiegen. Wenn sich der Gesundheitszustand allerdings verschlechtert oder Aufgaben nicht mehr bewältigt werden können, denken viele Arbeitnehmer über eine Offenlegung der Erkrankung nach.

Generell ist Gesundheit Privatsache: Beschäftigte sind in der Regel nicht dazu verpflichtet, ihren Arbeitgeber über ihren Gesundheitszustand bzw. chronische Erkrankungen zu informieren – selbst bei der AU-Meldung. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wer Teile seiner Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann bzw. sich oder andere während der Arbeit krankheitsbedingt gefährden könnte, muss das dem Arbeitgeber mitteilen. So ist z. B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung bei einem Bürojob in der Regel kein Problem, kann hingegen für einen Dachdecker oder Busfahrer (samt Passagieren) gefährlich werden. Arbeitgeber dürfen daher im Bewerbungsgespräch zwar nicht generell nach Erkrankungen des Bewerbers fragen, wohl aber nach solchen, die die Eignung für die geplante Tätigkeit massiv beeinträchtigen könnten.

Betroffene befürchten Nachteile

Viele chronisch Erkrankte stehen vor der Frage, ob sie ihrem Team, der Teamleitung oder dem Arbeitgeber von ihrer Erkrankung erzählen sollten. Dies betrifft auch Führungskräfte, sie scheuen sich in erster Linie davor, ihre Erkrankung offenzulegen, weil sie Angst vor beruflichen Nachteilen, Diskriminierung, Mobbing, Versetzung oder gar einer Kündigung haben – oder davor, als nicht leistungsfähig zu gelten. Für den Mitarbeiter ist der offene Umgang mit der Erkrankung eine Chance, seine Arbeitssituation zu verbessern und Unterstützung zu erhalten. Dabei gilt: Der Betroffene muss nicht jedes Detail offenlegen, sondern kann sagen, dass er aufgrund einer chronischen Erkrankung in bestimmten Bereichen Unterstützung benötigt. Durch den offenen Umgang kann gemeinsam eine individuelle, zu Tätigkeit und Betrieb passende Lösung erarbeitet werden.

Praxistipp

Die Gesundheit der Beschäftigten ist Privatsache, die Geheimhaltung einer chronischen Erkrankung kann aber negative gesundheitliche Auswirkungen für den Einzelnen haben. Etwa wenn Arbeitsabläufe nicht an die Bedürfnisse des Erkrankten angepasst oder Medikamente nicht verschreibungsgemäß eingenommen werden. Damit steigt das Risiko von längeren Fehlzeiten und dauerhafter Arbeitsunfähigkeit.