Welche Darlegungs- und Beweispflichten gelten im Prozess um mutmaßliche Diskriminierung?

Ein abgelehnter schwerbehinderter Stellenbewerber, der seine Schwerbehinderung als Grund für die Nichtberücksichtigung vermutet und dies mit einem möglichen Verstoß des Arbeitgebers gegen Verfahrenspflichten im Zusammenhang mit der Bewerbung Schwerbehinderter begründet, genügt damit seiner Darlegungslast im Gerichtsprozess. Das geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts hervor.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Prozess um eine mutmaßliche Diskriminierung eines Stellenbewerbers dem Kläger Recht gegeben und das Unternehmen, das den Bewerber abgelehnt hat, zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 7.500 Euro verurteilt (BAG, Urteil vom 14. Juni 2023, 8 AZR 136/22). Der schwerbehinderte Mann hatte seine Klage unter anderem damit begründet, dass es nicht hinreichend klar sei, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß – wie in § 164 Abs.1 Satz 4 SGB IX vorgeschrieben – über seine Bewerbung unterrichtet habe. Er vermutete einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften und wertete dies als Indiz für eine Diskriminierung wegen seiner Schwerbehinderung.

Nach BAG-Ansicht hat der Kläger im vorliegenden Fall seine Darlegungspflicht erfüllt. Nähere Anhaltspunkte oder Beweise für die mutmaßlich unterlassene Information des Betriebsrats wurden vom Kläger nicht verlangt. Das BAG berücksichtigte zugunsten des abgelehnten Bewerbers, dass dieser in die tatsächlichen Verhältnisse beim Arbeitgeber keinen Einblick hatte und sich in zumutbarer Weise auch keinen näheren Einblick verschaffen konnte. Nach BAG-Auffassung durfte der Kläger die von ihm nur vermutete Tatsache behaupten, weil er mangels eigener Erkenntnisquellen keine sichere Kenntnis von einer fehlenden ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrats hatte und auch nicht erlangen konnte.

Das BAG wertete die Vermutung des Bewerbers weder als willkürlich noch als Behauptung „ins Blaue hinein“, sodass der Vortrag des Klägers nach BAG-Ansicht den Anforderungen an seine Darlegungspflicht gemäß § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genügte. Nach dieser Vorschrift gilt für mutmaßliche Diskriminierungen eine Beweislastumkehr. Das bedeutet, dass diejenige Person, die sich diskriminiert fühlt, Tatsachen bzw. Indizien darlegen muss, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Im nächsten Schritt liegt es dann am Arbeitgeber, den Gegenbeweis zu erbringen und den Diskriminierungsvorwurf zu entkräften. Gelingt dem Arbeitgeber dies nicht, kann die benachteiligte Person einen Anspruch auf Schadensersatz bzw. Entschädigung geltend machen.

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